8. Juni 2021 / News aus der Welt

Infrastruktur für Boote, Kanus & Co soll verbessert werden

«Masterplan», das hört sich groß an. Um die Freizeitschifffahrt zu fördern, geht es aber vor allem um viele kleine Maßnahmen. Dabei gibt es einen Schwerpunkt.

Ein Hausboot und Paddelboote liegen an einem Steg vor dem Schweriner Schloss.
von Andreas Hoenig, dpa

Immer eine Handbreit Wasser unter dem Kiel - das haben immer mehr Menschen in Deutschland. Im Urlaub oder am Wochenende ein Haus- oder Sportboot mieten und über Seen und Flüsse tuckern oder Kanutouren machen, das boomt.

Die Infrastruktur aber ist oft veraltet, viele Schleusen stammen aus Kaisers Zeiten, und es fehlen Wasserwanderrastplätze. Um das schrittweise zu verbessern, hat das Bundesverkehrsministerium einen «Masterplan Freizeitschifffahrt» erarbeitet.

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte am Dienstag in Berlin, Ziel sei es, die Infrastruktur auszubauen und Freizeit und Ökologie noch besser in Einklang zu bringen. Die Zahl der Freizeitboote steige seit Jahren kontinuierlich, das Potenzial sei groß. Insgesamt summierten sich die Binnenwasserstraßen auf rund 7300 Kilometer Länge - das entspreche Luftlinie der Entfernung von Berlin nach Peking. Dazu kämen weit verzweigte Nebenflüssen und unzählige Seen, etwa das Gebiet um Müritz, Havel und Spree.

Nach einem mehr als einjährigen Dialogprozess mit Verbänden soll der neue «Masterplan» einen «Paradigmenwechsel» einleiten. Die Wasserstraßeninfrastruktur soll künftig stärker auf die Bedarfe des Freizeitverkehrs ausgerichtet werden, die zunehmend unterstützt und gefördert werden soll. Die Anforderungen und Bedürfnisse der Freizeitschifffahrt seien gewachsen.

Denn auch die Nachfrage ist gestiegen: «Wir haben einen Wassersport-Boom», sagte Karsten Stahlhut, Geschäftsführer des
Bundesverbands Wassersportwirtschaft. «Paradebeispiel ist Stand-Up-Paddling. Auch Haus- und Sportboote oder Kanus boomen.» Urlaub in Deutschland sei immer mehr im Trend. Die Corona-Krise könne das noch verstärken.

Auch im «Masterplan» heißt es, wegen der klimapolitischen Erwägungen sowie der Auswirkungen der Corona-Pandemie sei zu erwarten, dass sich der Trend zum Inlandstourismus weiterhin verstärke. «Es gibt aber eine Reihe von praktischen Problemen», sagte Stahlhut. «Vor allem die Schleusen sind altersgemäß oft in einen schlechten Zustand. Das Durchschnittsalter beträgt 105 Jahre. Wenn bei Rundfahrten aber eine Schleuse kaputt ist, kann die ganze Fahrt nicht mehr gemacht werden.»

Der Wassertourismus sei auf funktionierende Schleusen und Wehre, nutzerfreundliche Öffnungs- und Bedienzeiten, Steganlagen und Wasserwanderrastplätze angewiesen, sagte der Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbands, Norbert Kunz. «In den letzten Jahren ist die Infrastruktur der Freizeitwasserstraßen jedoch zusehends verfallen. Bis zu 30 Prozent der Schleusen sind sanierungsbedürftig.»

Dieser Investitionsstau müsse nun beseitigt werden. Erstmals bekenne sich der Bund ausdrücklich dazu, in die Infrastruktur für Wassertourismus zu investieren, so Kunz. «Durch den Masterplan erhoffen wir uns einen Schub für den Wassertourismus, auch in Richtung eines eigenständigen Haushaltstitels im Bundeshaushalt für Freizeitwasserstraßen.»

Konkrete Summen fehlen allerdings im «Masterplan». Technisch heißt es dort: «Infolge einer ungünstigen Altersstruktur und langjähriger Investitionsdefizite weist die Infrastruktur der Bundeswasserstraßen insgesamt einen hohen Erhaltungs- und Ersatzbedarf auf.»

Aufgrund einer historisch bedingten Ausrichtung auf die Güterschifffahrt sei die vorhandene Infrastruktur vielerorts nicht auf die heutigen Belange der Sport- und Freizeitschifffahrt eingestellt. Die vorhandene Infrastruktur soll nun «bedarfsgerecht instandgesetzt und angepasst» werden. Dazu müsse die Priorisierung von Investitionen überarbeitet werden.

In dem «Masterplan» sind daneben viele einzelne Maßnahmen aufgeführt, die bereits auf den Weg gebracht wurden oder nun gebracht werden sollen. So soll bei Schleusen häufiger angezeigt werden, wie lange die Nutzer warten müssen, außerdem soll es im Vorfeld der Schleusen mehr Haltegriffe geben und mehr Anlege- und Liegestellen.

Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes will dort, wo kein Schleusenpersonal vor Ort benötigt wird, die Automatisierung, Fern- und Selbstbedienung von Schleusen vorantreiben. In den Niederlanden gebe es schon viele digitale Systeme, sagte Stahlhut - etwa um die Schleusen besser zu steuern.

Der «Masterplan» sieht außerdem vor, dass es mehr Wasserwanderrastplätzen geben soll, mehr Kraftstoff- und Stromtankstellen sowie Versorgungs- und Entsorgungsstellen. «Mit der Vorlage des Masterplan ist ein guter Anfang gemacht», sagte ADAC-Tourismuspräsident Karlheinz Jungbeck. «Jetzt beginnt jedoch die eigentliche Arbeit, den Plan mit konkreten Maßnahmen zugunsten der Wassersportler zu füllen.»

Das sieht auch Stahlhut so. Oberste Priorität habe eine Sanierung der Schleusen, außerdem müssten mehr Wasserwanderrastplätze gebaut werden. «Die sind derzeit in den Urlaubszeiten oft überfüllt.»


Bildnachweis: © Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa
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