19. August 2021 / News aus der Welt

Tod eines Zweijährigen - Erzieherinnen vor Gericht

Ein kleiner Junge verschwindet bei einem Kita-Ausflug und ertrinkt in einem See in Magdeburg. Der Alptraum für Eltern und Erzieherinnen wird nun vor Gericht verhandelt.

Justizbeamte stehen vor dem Saal 1 im Amtsgericht.
von dpa

Anfang Oktober 2020 war ein zwei Jahre alter Junge in Magdeburg bei einem Spaziergang mit seiner Kita-Gruppe verschwunden und in einem See ertrunken - Jetzt wird das tragische Ereignis juristisch aufgearbeitet.

Angeklagt sind drei Erzieherinnen wegen fahrlässiger Tötung. Ihnen wird die Vernachlässigung der Aufsichtspflicht vorgeworfen. Anfang Oktober war der zwei Jahre alte Junge bei einem Ausflug mit seiner Kita-Gruppe verschwunden und im Neustädter See in Magdeburg ertrunken. Die drei angeklagten Erzieherinnen im Alter von 60, 23 und 31 Jahren äußerten sich beim Prozessauftakt am Amtsgericht Magdeburg nicht zu den Vorwürfen.

Staatsanwältin Martina Klein verlas in ihrer Anklageschrift minutiös, was an jenem verhängnisvollen 2. Oktober 2020 geschah. Die drei Erzieherinnen einer integrativen Kindertagesstätte im Norden Magdeburgs waren an diesem Tag demnach ab 10.00 Uhr mit einer Gruppe von 17 Kindern im Alter zwischen zwei und vier Jahren unterwegs zum Neustädter See. Acht Kinder benutzten dabei Laufräder, drei liefen zu Fuß, sechs saßen in einem Bollerwagen. Am See spielten die Kinder im Sand.

Etwa anderthalb Stunden später traten die Erzieherinnen mit der Gruppe den Rückweg zur Kindertagesstätte an. Nachdem gegen 11.45 Uhr alle Kinder ausgezogen waren, stellten die Erzieherinnen fest, dass ein zweijähriger Junge fehlte. Umgehend begann die Suche nach dem kleinen Adam, der um 13.22 Uhr leblos im Wasser gefunden wurde. Sofort eingeleitete Wiederbelebungsmaßnahmen blieben erfolglos.

Die Staatsanwaltschaft warf den drei Betreuerinnen vor, dass erkennbar war, dass ein kleines Kind am Strand, zumal unbeaufsichtigt, ins Wasser hätte fallen können. Die Erzieherinnen hätten die Kinder im Auge behalten und darauf achten müssen, dass die Kinder zusammenblieben. Stattdessen war der zweijährige Junge allein am See zurückgeblieben.

Eine Erzieherin ließ über ihren Anwalt wissen, sie räume alle Anklagepunkte ein. Sie wisse nicht, wie und wann der Unfall geschehen sei, aber Fakt sei, dass er passiert sei. Sie mache sich schwerste Vorwürfe. Die Frau folgte den Ausführungen mit gesenktem Kopf und Tränen in den Augen, wirkte sichtbar betroffen. Momentan sei sie nicht in der Lage zu erzählen, wolle aber möglicherweise im späteren Verlauf des Prozesses Fragen beantworten.

Rechtsmedizinerin Kerstin Janke stellte zweifelsfrei den Tod durch Ertrinken fest. Detailliert schilderte sie die Anzeichen dafür. Anschließend berichtete die Leiterin der Kindertagesstätte von den Gepflogenheiten in der Einrichtung. Bei Ausflügen teilten sich die Erzieherinnen die Verantwortung. Dabei habe jeweils eine Erzieherin die Kinder im Wagen besonders im Blick, eine weitere die Laufradkinder, die dritte die Fußgänger. Unterwegs könnten sich die Verantwortlichkeiten ändern, wenn die Kinder etwa vom Wagen auf das Laufrad wechseln.

Gefunden wurde der Junge schließlich während einer großangelegten Suchaktion, an der sich auch die Polizei mit einem Hubschrauber beteiligte. Er lag leblos auf dem Gelände einer Wasserskianlage. Die Zeugin kämpfte mit den Tränen, als sie schilderte, wie sie den Zweijährigen fand. Sie sagte, dass sie als Springerin bereits in der Vergangenheit Nachlässigkeiten beobachtet habe. So sei mitunter nicht der sicherste Weg im Straßenverkehr gewählt worden oder es seien zu viele Kinder mit Laufrädern unterwegs gewesen, so dass die Erzieherinnen nicht auf Gefahrenreaktionen im Straßenverkehr hätten reagieren können. Die jüngeren Kolleginnen seien noch nicht so lange in der Einrichtung gewesen und hätten sich der älteren Erzieherin untergeordnet.

Der Vater des Jungen nimmt als Nebenkläger an dem Prozess teil. In seinem Namen ließ sein Anwalt wissen, die syrische Familie sei bereit zu verzeihen.


Bildnachweis: © Peter Gercke/dpa-Zentralbild/dpa
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