30. Dezember 2021 / News aus der Welt

Glücksforscherin: «Man muss zurzeit nicht gut drauf sein»

Corona hinterlässt psychisch deutliche Spuren. Vor allem die Ungewissheit belaste viele Menschen, sagt eine Glücksforscherin. Das große Glück sei gerade kein Thema, eher das «Irgendwie-Durchkommen».

Die Trierer Glücksforscherin Michaela Brohm-Badry.
von Birgit Reichert, dpa

Fast zwei Jahre Corona-Pandemie und dunkle Winterzeit: Beides zusammen drückt nach Beobachtung der Trierer Glücksforscherin Michaela Brohm-Badry zunehmend auf die Stimmung.

«Wenn man zurzeit nicht gut drauf ist, dann ist es total in Ordnung», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Es sei absolut verständlich «und man kann es einfach mal für sich akzeptieren».

Auch in der Glücksforschung sei vom großen Glück nicht die Rede. «Es geht zurzeit eher um Wohlbefinden. Um das Irgendwie-Durchkommen», sagte Brohm-Badry, die die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Positiv-Psychologische Forschung ist. In den Blick genommen würden eher kleine Schritte, kleine Dinge, um sich zu motivieren und Freude zu erlangen. «Das kann schon ein kleiner Spaziergang sein.»

Was in der lang andauernden Pandemie besonders belastend sei, sei «die Ungewissheit, die mangelnde Planbarkeit», sagte Brohm-Badry. «Dass man nicht den nächsten Urlaub planen kann, dass man nicht weiß, welche Einschränkungen demnächst gelten.» Hinzu komme eine «große Ernüchterung» darüber, dass die Digitalisierung den direkten menschlichen Kontakt nicht ersetzen könne.

«Was online geht, das ist die Vermittlung von Inhalten - also der rein kognitive Bereich. Aber die emotionale Ebene, die echte Verbundenheit mit anderen, die fehlt weitgehend», sagte die Professorin für Empirische Lehr-Lern-Forschung und Didaktik an der Universität Trier. Diese Verbundenheit sei aber «unglaublich wichtig, damit es den Menschen einigermaßen gut geht». Viele sagten jetzt: «Telefon ist besser als SMS. Facetime ist besser als Telefon und analog ist besser als digital.»

Es zeige sich, dass einiges, was die Forscher zu Beginn der Krise angenommen hatten, nicht mehr zutreffe, sagte Brohm-Badry. So habe man gedacht, die Menschen würden aktiver werden - mehr Sport machen. Nach internationalen Studien der American Psychological Association von 2021 aber hätten 41 Prozent der Befragten angeben, dass sie körperlich weniger aktiv seien als vor Corona. «Das höhere Energieniveau, das am Anfang deutlich war, ist untergegangen.»

Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren litten am stärksten unter der Situation, sagte die Wissenschaftlerin. «Ich denke, es liegt daran, dass sie noch viel erreichen und aufbauen wollen. Und dann sind sie in ihren Entscheidungen eingeschränkt.» Die Motivation werde ausgebremst, weil die Handlungsfreiheit eingeschränkt sei und man sich bei geänderten Regeln ständig neu organisieren müsse. «Das führt zu einer Erschöpfung der Willenskraft.» Und: Menschen zögen sich zurück, einige isolierten sich teils mehr als sie müssten.

Nach der Forschung gebe es zwei Wege, um wieder aktiver und positiver zu werden: «Zum einen jede Möglichkeit zu suchen zum sicheren, aber echten Kontakt mit Menschen», sagte Brohm-Badry. Und: kleine Dinge zu planen, über die man die Kontrolle habe - wie sich draußen zu bewegen. «Jede Kleinigkeit zählt jetzt, nicht mehr die großen Dinge. Ich muss jetzt keinen halben Marathon laufen. Nein, einfach kleiner.»


Bildnachweis: © Birgit Reichert/dpa
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