28. Mai 2021 / News aus der Welt

Bund zahlt: Goldrausch-Stimmung bei Schnelltest-Betreibern

Viel und schnell testen: Die Bundesregierung will es den Bürgern leicht machen, einen Corona-Schnelltest zu bekommen und übernimmt deshalb die Kosten. Das hat zu einem wahren Boom an neuen Testzentren geführt - nicht allen geht es allein um das Wohl der Bürger.

Kontrollen von Teststellen seitens der Gesundheitsämter sind schon deshalb schwierig, weil die Namen und Adressen der Testwilligen für die Abrechnung aus Datenschutzgründen nicht weiterge...
von dpa

Ob in Bäckereien, in Kiosks oder in umgerüsteten Lastwagen-Anhängern: Wer einen Corona-Schnelltest fürs Einkaufen oder den Restaurantbesuch braucht, muss zumindest in den Ballungsgebieten nicht lange nach einer Teststelle suchen.

Seit der Einführung der sogenannten Bürgertests schießen die Zentren gefühlt an jeder Ecke aus dem Boden. Und längst tummeln sich auf dem Markt auch Anbieter, die sonst wenig mit dem Gesundheitswesen zu tun haben. Nicht alle haben dabei offenbar ausschließlich das Wohl der Bürger im Blick.

Bundesweite Zahlen zu Testzentren in Deutschland gibt es keine - zumindest liegen dazu dem Gesundheitsministerium eigenen Angaben zufolge keine Erkenntnisse vor, wie eine Sprecherin mitteilte. Für die Einrichtungen seien die Länder zuständig. Allein in Berlin gebe es derzeit rund 1400 Teststellen, sagte der Berliner Amtsarzt Patrick Larscheid am Freitag. «Sie wachsen schneller aus dem Boden, als wir informiert werden, wo überhaupt eine ist.»

Beschwerden über zweifelhafte Tests

Dabei beschwerten sich immer mehr Bürger über zweifelhafte Tests und Ergebnisse. Das Reinickendorfer Gesundheitsamt gehe Beschwerden nach und prüfe pro Tag 10 bis 15 Schnelltest-Stellen, sagte Larscheid. «Unsere Befürchtung ist eher, dass es eine ideale Möglichkeit ist, ohne jeden Nachweis vom Staat Geld in relevanten Größenordnungen abzukassieren.»

Dass so mancher Betreiber mit krimineller Energie unterwegs ist, legen auch Recherchen von «Süddeutsche Zeitung», WDR und NDR nahe. Es würden vielerorts deutlich mehr Tests bei den Kassenärztlichen Vereinigungen abgerechnet als tatsächlich durchgeführt worden seien, heißt es dort. Der Bericht verweist auf mangelnde Kontrollmöglichkeiten seitens der Behörden.

Kontrollen seitens der Gesundheitsämter sind schon deshalb schwierig, weil die Namen und Adressen der Testwilligen für die Abrechnung aus Datenschutzgründen nicht weitergegeben werden dürfen.

18 Euro pro Test

Seit März sieht die Corona-Testverordnung der Bundesregierung die Bürgertests vor, im April rechneten die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) erstmals die Kosten beim Bundesamt für Soziale Sicherung ab. 18 Euro erhalten die Teststellen pro Test. 660 Millionen Euro seien in den Monaten April und Mai insgesamt überwiesen worden, heißt es von dort auf Anfrage.

Allerdings sind darin nicht nur die Kosten für die Bürgertests enthalten, sondern generell für alle vom Bund bezahlten Point-of-Care-Antigentests (PoC) - also Schnelltests, für die die Proben nicht extra in ein Labor geschickt werden müssen. Neben den Bürgertests sind das etwa auch solche «für Bewohnerinnen und Bewohner von Unternehmen und Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens», wie das Bundesamt mitteilte. Eine genauere Aufgliederung erfolge nicht. Allein im April seien rund 10,2 Millionen PoC-Antigentests abgerechnet worden, heißt es aus Gesundheitskreisen.

Spahn: «Nicht akzeptabel»

So oder so kostet die Teststrategie den Steuerzahler somit viel Geld. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verurteilte am Freitag daher die kriminelle Energie mancher Test-Anbieter. «Wir haben ja ausdrücklich eine Zulassung der Testzentren durch die Behörden vor Ort vorgesehen, auch Länder und KVen haben Kontrollmöglichkeiten», sagte er der «Bild»-Zeitung. «Wenn einzelne Akteure diese scheinbar kriminell unterlaufen, ist das nicht akzeptabel.»

Nachdem die Marktpreise inzwischen gesunken sind, plane der Bund, die Vergütungen ebenfalls zu senken. «Bei der Gelegenheit werden wir auch stärkere Kontrollmechanismen prüfen», sagte Spahn. Sein Sprecher wies auf der Bundespressekonferenz am Freitag zudem auf die Möglichkeit nachträglicher Kontrollen hin. «Die Daten, die für die Kontrolle der korrekten Leistungserbringung nötig sind, müssen bis zum 31. Dezember 2024 aufbewahrt werden», sagte er. Somit sei auch eine anschließende Rechnungsprüfung möglich. Die Verantwortung dafür liege bei den Kassenärztlichen Vereinigungen.

Mancher Experte erwartet aber ohnehin, dass sich das Thema im Laufe des Sommers erledigen könnte - dann nämlich, wenn immer mehr Menschen geimpft sind und auch ohne Test ins Restaurant gehen können.


Bildnachweis: © Sebastian Gollnow/dpa
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