«Essen die Leut' die Paradeiser?» Eine 86-Jährige ist skeptisch, ob die vielen Tomaten, die auf einem Grab des Matzleinsdorfer Friedhofs in Wien wachsen, wirklich appetitlich sind. Friedhofsverwalter Walter Pois beruhigt sie. Mindestens ein Meter Erdreich liege zwischen dem Obst und dem Sarg oder was von ihm übrig sei. Pois hat sich etwas einfallen lassen, um zumindest einige der 1500 nicht mehr von Angehörigen betreuten Gräber nutzen zu lassen. Die rund zweieinhalb Quadratmeter einer Grabfläche vermietet der Evangelische Friedhof für 75 Euro im Jahr an alle, die sich beim Urban Gardening nicht an der Nähe zu Toten stören. Angefangen habe er damit schon vor ein paar Jahren, sagt der 51 Jahre alte gelernte Gärtnermeister. Zunächst hätten Mitarbeiter die Chance ergriffen, nebenbei Kartoffeln, Zwiebeln, Kohlrabi oder eben Tomaten anzupflanzen. Inzwischen ähneln 20 Gräber einem Mini-Gemüsegarten. «Die Nachfrage steigt», sagt Pois. Schön findet er es, wenn nicht nur zu Erntezwecken angebaut wird, sondern auch Blumen die Fläche schmücken. So ist eine der Grabstellen ein gänzlich gemüsefreies Blumen-Meer. Der Friedhof mit 8600 Gräbern - auf ihm ruhen unter anderem der deutsche Lyriker Friedrich Hebbel und die Schauspielerin Adele Sandrock - ist einer der kleinsten der österreichischen Hauptstadt. In Sachen Innovation wolle er aber führend sein, so Pois. In diesem Jahr wurden fünf Grabsteine zu öffentlichen Bücherstellen umgestaltet, drei weitere sollen folgen. Die ausleihbare Literatur soll zum Verweilen einladen und auch den Sinn eines Friedhofbesuchs erweitern. «Der Friedhof soll nicht nur ein Ort der Trauer, sondern auch der Ruhe und Erholung sein», sagt Pois.Gräber verwandeln sich in Mini-Gemüsegarten
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Tomaten im Totenreich: Urban Gardening auf Friedhof in Wien
Obst und Gemüse in Mini-Gärten: Urban Gardening liegt noch immer voll im Trend. Eine Stadt der Toten ist dabei aber ein eher ungewöhnlicher Ort.
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