8. Februar 2022 / News aus der Welt

Mutmaßlicher Polizistenmörder musste Waffen 2020 abgeben

Gut eine Woche nach den Polizistenmorden von Kusel fördern die Ermittlungen immer neue Details zutage.

In Gedenken an die ermordeten Beamten: Passanten haben Blumen und Kerzen vor der Polizeiinspektion Kusel gelegt.
von dpa

Im Fall der erschossenen Polizisten im pfälzischen Kusel sind weitere Details über den 38-jährigen Verdächtigen bekannt geworden.

So hatte der mutmaßliche Polizistenmörder bis Ende März 2020 legal im saarländischen Staatswald gejagt, wie das Umweltministerium des Saarlands auf Anfrage mitteilte. Nach Angaben des saarländischen Landkreistags musste der Mann bis Januar 2020 seine Waffen an berechtigte Personen abgeben, weil er keine Erlaubnis mehr zum Waffenbesitz hatte. An wen die Waffen überlassen wurden, werde derzeit überprüft.

Am 31. Januar waren nahe Kusel in Rheinland-Pfalz bei einer Verkehrskontrolle eine 24 Jahre alte Polizeianwärterin und ein 29-jähriger Oberkommissar erschossen worden. Als Verdächtige sitzen der 38-Jährige und ein 32-Jähriger wegen des Vorwurfs des gemeinschaftlichen Mordes und der gewerbsmäßigen Jagdwilderei in Untersuchungshaft. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie mit den Morden die vorherige Wilderei verdecken wollten. Der 38-Jährige hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Der 32-Jährige gab an, nicht geschossen zu haben.

Dem Landkreistag zufolge besaß der 38-Jährige seit März 2020 keinen Jagdschein mehr. Mehrere Waffen seien im Jahr 2019 an Erwerbsberechtigte überlassen worden, die letzte Schusswaffe folgte im Januar 2020. Danach sei er nur noch in Besitz von Schalldämpfern inklusive Waffenbesitzkarten gewesen. Laut Staatsanwaltschaft Kaiserslautern hatte er zum Zeitpunkt der Tat keine Erlaubnis zum Besitz von Waffen gehabt und keinen Jagdschein besessen.

Bei einer Hausdurchsuchung im saarländischen Spiesen-Elversberg fanden die Ermittler fünf Kurzwaffen, ein Repetiergewehr, zehn weitere Langwaffen, eine Armbrust sowie ein Schalldämpfer und Munition. In dem Haus habe der 38-Jährige gewohnt, allerdings nicht alleine. In Sulzbach stellte die Polizei nach der Festnahme der beiden Verdächtigen zwei weitere Waffen sicher.

Nach dpa-Informationen bekam der Tatverdächtige erstmals 1999 Jagdschein und Waffenbesitzkarte erteilt. 2010 wurde ihm beides nach einer verfahrensrechtlichen Überprüfung rechtskräftig entzogen, wie der Landkreistag berichtete. Zuvor hatte der Mann 2008 die entsprechenden Waffen auf Anordnung an eine berechtigte Person überlassen. Nach Ablauf der Sperrfrist für Wiedererteilung eines Jagdscheines sei ein Jagdschein wieder beantragt und erteilt worden, erstmals im Juni 2012, zuletzt im April 2017, gültig bis März 2020. Danach sei kein Jagdschein mehr beantragt worden.

Wie das saarländische Umweltministerium berichtete, hatte der 38-Jährige seit 2017 in verschiedenen Revieren Jagderlaubnisscheine für zunächst drei Pirschbezirke gehabt. Zwei Pirschbezirke seien im Juni 2019 vorzeitig gekündigt worden, da es wiederholt zu Verstößen gegen die Kirr-Ordnung gekommen sei. Statt mit Getreide und heimischen Früchten sei Wild dort mit Backwaren angelockt («angekirrt») worden. Nach einer weiteren ähnlichen Feststellung wurde dem 38-Jährigen der dritte Jagdbezirk zum 31. März 2020 gekündigt, teilte eine Sprecherin mit.

Der Tatverdächtige habe bis 2019 einen zugelassenen Wildverarbeitungsbetrieb in Neunkirchen gehabt - dieser Betrieb wurde auch mehrfach vom Landesamt für Verbraucherschutz kontrolliert. Neben selbst erlegtem Wild sei dort vor allem zugekauftes Wild verarbeitet worden. In Sulzbach wurde von dem Mann bis zuletzt offenbar eine registrierte Wildkammer eines anderen Jägers genutzt, hieß es. Nach dpa-Informationen recherchieren Behörden derzeit die Vertriebswege des Wildhandels - und mögliche eingebundene Metzgereien.

Im Innenausschuss des Landtags in Mainz erläuterte der Inspekteur der rheinland-pfälzischen Polizei, Jürgen Schmitt, Details zu dem Einsatz nach den tödlichen Schüssen. Bis zum Eintreffen der anderen Streifen vergingen zwölf Minuten, obwohl die später getöteten Beamten gemeinsam mit den Besatzungen zwei weiterer Fahrzeuge unterwegs waren. Schmitt sagte, wenn Streifen an einen Tatort geschickt würden und bekannt sei, dass dort geschossen worden sei, seien sie angehalten, zunächst zu stoppen und Schutzausrüstung anzulegen.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) will nach den tödlichen Schüssen nicht zur Tagesordnung übergehen. «Es darf nicht kleingeredet werden, dass Polizistinnen und Polizisten mit Hass- und Hetzaufrufen im Netz, vor allem in den sozialen Medien belegt werden», stellte der GdP-Bundesvorstand fest. Die mangelnde Wertschätzung eines Teils der Bevölkerung für die Polizei sei auch Ausdruck einer «Unkultur des ständigen Hinterfragens staatlichen und polizeilichen Tuns», die mit der demokratischen Kontrolle des Staates nichts mehr zu tun habe.


Bildnachweis: © Sebastian Gollnow/dpa
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