13. September 2022 / News aus der Welt

Bier, Zelt - Flirt? Die Wiesn und ihre Tücken

Nach zwei Jahren Zwangspause soll in München wieder das größte Volksfest der Welt gefeiert werden. Am Samstag startet das Oktoberfest - mit dem besonderen Bier, den besonderen Dirndl-Regeln und anderen verwirrenden Eigenarten.

Menschen drängen sich auf der Wiesn in München (2019).
von Sabine Dobel, dpa

Oktoberfest - endlich! Am 17. September heißt es auf der Theresienwiese erstmals nach zwei coronabedingt wiesnlosen Jahren wieder: Ozapft is. Gut zwei Wochen soll gefeiert werden wie früher - und wie eh und je hat das Fest seine Tücken. Gut zu wissen:

Bier

Als erstes: Die Maß, mit kurzem a. Nicht das Maß oder die Mass. Die Maß ist das Maß für einen Liter. Dabei gilt eine gewisse Kulanz, der mit 0,9 Litern gefüllte Krug geht als Maß durch. Allzu rasch rinnt der Gerstensaft in der dumpfigen Schwüle der Zelte die Kehle hinab - Vorsicht! Das eigens für die Wiesn gebraute Bier ist besonders stark. Sein Alkoholgehalt liegt bei einer höheren Stammwürze bei 5,8 bis 6,4 Prozent, normales Helles hat etwa 4,8 Prozent. Eine Maß enthält so viel Alkohol wie acht Schnäpse, fünf Maß entsprächen einer Flasche Schnaps. Sie wäre teuer: Eine Maß kostet 12,60 Euro bis 13,80 Euro.

Ozapft is

Seit mehr als 70 Jahren zapft der Münchner Oberbürgermeister das erste Fass Bier an, ruft «Ozapft is» - und eröffnet so das Fest. Initiiert hat das OB Thomas Wimmer 1950. Angeblich fuhr er auf dem Wagen der Wirte-Familie Schottenhamel zum Festplatz und der Wirt ließ ihn spontan anzapfen. Nach einer anderen Version war Wimmers Anzapfen geplant, setzte er so doch ein Zeichen für Volksnähe und Neuanfang.

Bierzelt

Hauptfrage: Wie kommt man hinein? Am besten unter der Woche tagsüber. Wie vor der Pandemie sind die reservierbaren Tische abends so gut wie weg. Allerdings gibt es immer Plätze, die nach komplexen Regeln unreserviert bleiben müssen. Der Bedienung Scheine zuzustecken, um an einen freien Tisch zu kommen, ist keine gute Idee. Wird sie vom Wirt erwischt, fliegt sie raus - die Gäste womöglich mit. Auch keine gute Idee: Zum Bummeln raus aus dem Zelt und später wieder rein. Wird das Zelt wegen Überfüllung geschlossen, gibt es keinen Weg zurück. Die Handtuch-Methode vom Strand funtioniert nicht. Wer Klamotten liegen lässt, ist sie womöglich los. Auch weil Langfinger unterwegs sind.

Diebe

Mit dem internationalen Publikum reisen regelmäßig auch Diebe aus dem In- und Ausland an. «Ausländische Taschendiebe haben wir seit Jahren auf dem Oktoberfest», sagt ein Polizeisprecher. «Es ist ein internationales Fest, wo viele Leute auf engem Raum zusammen sind, die zum Teil auch viel Bargeld bei sich haben. Deshalb ist es attraktiv für Taschendiebe. Sie kommen gezielt.» Seit Jahren unterstützen deshalb Taschendiebfahnder aus verschiedenen europäischen Ländern im Rahmen einer internationalen Zusammenarbeit die Münchner Polizei. Denn gerade wenn Alkohol die Aufmerksamkeit trübt, sind schnell mal Jacke oder Handtasche weg. 2019 erfasste die Polizei mehr als 130 Diebstähle und nahm zwei Dutzend Diebe fest. Also: Wertsachen am Körper tragen und Jacken nicht achtlos ablegen. Mitgenommen werden dürfen ohnehin nur Taschen bis drei Liter Volumen.

Flirt

Wir sprachen schon übers Bier und den Alkoholgehalt. Nochmal Vorsicht: Der Stoff enthemmt. Dazu kommt das Image der Wiesn als anarchische Orgie aus Bier, Hendl und angeblich unermesslichen Flirtchancen. Das alles lässt manchen sonst braven Gast im Rausch von Fest und Alkohol über die Stränge schlagen. Frauen sind gut beraten, mit deutlichem Nein unerwünschte Hände wegzuschieben. Neu dieses Jahr: die Maske. Schützt sicher vor unerwünschten Kussversuchen. Im schlimmsten Fall: Ordner rufen. Außer die Annäherung ist genehm. Dann ist nichts dagegen einzuwenden, sofern die Regeln der öffentlichen Ordung gewahrt bleiben. Was auch nicht immer der Fall ist.

Dirndl-Code

Am Dirndl lässt sich erkennen, ob ein Flirtversuch lohnen könnte. Trägt die Frau die Schleife der Schürze links, ist sie frei, rechts bedeutet verheiratet oder in festen Händen. Schleife in der Mitte: Jungfrau. Schleife hinten: Unklar. Wohl keine Einheimische, so bindet man gemeinhin die Küchenschürze. Weil viele Damen das Dirndl schnell-schnell ohne Gebrauchsanleitung kaufen, geraten die Schleifenregeln durcheinander - und stiften genau die Verwirrung, die sie eigentlich verhindern sollten.

Outfit

Erlaubt ist, was Spaß macht. Schotten kommen gern im Kilt, Herren schon mal in weiß-blauem Rautenanzug und Damen - von Traditionsseite her ein no go - in der Lederhose. Der Hut mit dem Stoffhendl drauf ist einfach nicht auszurotten, das T-Shirt mit «Leistungstrinker» muss aber wirklich nicht sein. Wer auf dem Weg zum Fest an einer Bude Dirndl oder Lederhose erwirbt und glaubt, er trage nun echte Tracht, irrt. Die von Vereinen gepflegten Trachten, die von Dorf zu Dorf variieren, sind teuer und oft Handarbeit.

Wiesn

Es geht keineswegs um mehrere Grasflächen, bei denen das «e» fehlt. Sondern nur um eine: die Theresienwiese. Von saftigem Gras ist aber kaum etwas zu sehen. Das 34,5 Hektar große Areal ist kiesig und von Teerwegen durchzogen, die zum Fest etwa Wirtsbuden- und Schaustellerstraße heißen. Benannt ist das Gelände nach Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen, die dort 1810 mit dem Volk ihre Hochzeit mit Kronprinz Ludwig - später König Ludwig I. - feierte. Das sollte nach der Proklamation des Königreichs das Gemeinschaftsgefühl und die Ausrichtung auf die Wittelsbacher fördern. Ein Höhepunkt war ein Pferderennen auf der damals wahrscheinlich wirklich grünen Wiese, die zu dieser Zeit vor den Toren der Stadt lag.

Neustart

Zwei abgesagte Wiesn, was ist nun anders? Offiziell nichts. Das Fest findet statt wie immer, ohne Auflagen. Mit Spannung wird aber erwartet, wie sich das Publikum gibt. Die Buchungen auch aus dem Ausland seien sehr gut, sagt Wirte-Sprecher Peter Inselkammer. Er rechnet vor allem bei den jüngeren Gästen mit viel Interesse. Wie sich die Älteren verhalten und ob es den Familienbesuch mit den Großeltern geben werde, müsse man sehen. Mediziner warnten vor einer hohen Infektionsgefahr auf dem Fest. Manche Maske wird man wohl - anders als früher - sehen.


Bildnachweis: © Tobias Hase/dpa
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